Daten

Persönlich, Online oder Beides?
Beide
Allgemeiner Methodentyp
Kollaborative Ansätze
Spektrum der Öffentlichkeitsbeteiligung
Zusammenarbeiten
Offen für Alle oder limitiert für Einige?
Offen für alle
Rekrutierungsmethode für begrenzte Teilmenge der Bevölkerung
Zufallsstichprobe
Interaktionsformen zwischen Teilnehmer*innen
Diskussion, Dialog oder Beratung
Nur Meinungen/Präferenzen äußern
Unterstützung
Nein
Entscheidungsmethoden
Ideengenerierung
Allgemeines Abkommen/Konsens
Falls Abstimmung
Vorzugsstimmen
Polarisationsgrad, den diese Methode bewältigen kann.
Mäßige Polarisation
Komplexitätsgrad, den diese Methode bewältigen kann.
Sehr hohe Komplexität

METHODE

Insights-Konsultationsprozess

31. Juli 2024 groetker
22. Juli 2024 groetker
13. Februar 2024 groetker
4. Februar 2022 groetker
12. November 2021 philipp.scherer
9. November 2021 philipp.scherer
2. November 2021 philipp.scherer
Persönlich, Online oder Beides?
Beide
Allgemeiner Methodentyp
Kollaborative Ansätze
Spektrum der Öffentlichkeitsbeteiligung
Zusammenarbeiten
Offen für Alle oder limitiert für Einige?
Offen für alle
Rekrutierungsmethode für begrenzte Teilmenge der Bevölkerung
Zufallsstichprobe
Interaktionsformen zwischen Teilnehmer*innen
Diskussion, Dialog oder Beratung
Nur Meinungen/Präferenzen äußern
Unterstützung
Nein
Entscheidungsmethoden
Ideengenerierung
Allgemeines Abkommen/Konsens
Falls Abstimmung
Vorzugsstimmen
Polarisationsgrad, den diese Methode bewältigen kann.
Mäßige Polarisation
Komplexitätsgrad, den diese Methode bewältigen kann.
Sehr hohe Komplexität

Der Insights-Prozess ist ein Verfahren für Beteiligungsprojekte und eine Methode partizipativer Forschung. Einsatzbereiche sind Bürgergutachten, Expertenkonsultationen, kollaboratives Design von Produkten und Dienstleistungen sowie Foresight-Studien.

Zweck und Einsatzbereich

Der Insights-Prozess ist ein Verfahren für Beteiligungsprojekte und eine Methode partizipativer Forschung. Einsatzbereiche sind Bürgergutachten, Expertenkonsultationen, kollaboratives Design von Produkten und Dienstleistungen sowie Foresight-Studien. Der Prozess baut auf der Idee der so genannten „Weisheit der Vielen“ (Wisdom of Crowds) auf. Mit dem Insights-Prozess wird dieser ursprünglich quantitative Ansatz auf qualitative Informationen übertragen. Wesentlicher Bestandteil des Insights-Prozesses ist die handlungsorientierte Aufbereitung qualitativer Informationen durch eine strukturale Analyse.

Mit seinem Fokus auf Erkenntnisse unterscheidet sich ein Insights-Prozess deutlich von Meinungsumfragen, wo Menge und Anteil abgegebener Stimmen entscheidungsrelevant sind. Auf der anderen Seite setzt sich der Insights-Prozess aber auch von Beteiligungsformaten ab, in denen Gruppen von Teilnehmenden im Konsens Lösungen erarbeiten. Bei einem Insights-Prozess geschieht Mitwirkung im Modus der Kontribution. Individuelle Teilnehmende tragen Teile eines Puzzles zur Lösung einer Aufgabenstellung bei. Für Beteiligte, aber auch für Außenstehende, ist transparent nachvollziehbar, auf welchen Beiträgen der Teilnehmenden die finalen Erkenntnisse beruhen.

Wie's funktioniert: Kurzanleitung in sechs Schritten


1. Forschungsfrage bestimmen, Teilnehmende rekrutieren

Dem eigentlichen Insights-Prozess vorgeschaltet ist die Festlegung der Forschungsfrage und die Rekrutierung von Teilnehmenden. 

Was ist das Erkenntnissinteresse? Was soll mit dem Beteiligungsprojekt erreicht werden? Eine zumindest grobe Antwort auf diese Frage sollte bereits zum Start der Beteiligung feststehen. In der Praxis zeigt sich oft erst im Laufe der Analyse der eingegangenen Teilnehmendenbeiträge, wie die Forschungsfrage konkretisiert werden kann. 

Zur Rekrutierung von Teilnehmenden: Idealerweise sollte dies eine Gruppe von mindestens 15 bis 20 Personen sein. Unter Verwendung von Online-Tools ist es aber auch möglich, bei einer öffentlichen Konsultation dutzende oder hunderte von Personen an dem Prozess zu beteiligen. 


2. Fragedesign

Aus der Forschungsfrage heraus gilt es nun, ein passendes Fragedesign zu entwickeln. Meist kommen in einem Insights-Prozess offene Fragen zum Einsatz, auf die Teilnehmende mit einer Freitextantwort reagieren. Offene Fragen sind Fragen ohne vorgegebene Antwortoptionen, wie beispielsweise Was- oder Wie-Fragen. Oft bietet es sich an, auch Fragesequenzen zu verwenden oder die Teilnehmenden zu Gedankenspielen einzuladen („Wir befinden uns zwei Jahre in der Zukunft. Ihr Projekt ist gescheitert. Was sind die Gründe dafür?“). Innerhalb von Fragesequenzen können auch Ankreuzfragen (Multiple Choice oder Single Choice) integriert werden.

Anders als bei einer wissenschaftlichen Befragung geht es beim Fragedesign weniger darum, Verzerrungen zu vermeiden, sondern die Kreativität anzuregen. Fragesequenzen werden in diesem Sinne so gestaltet, dass sie sich einem Thema von mehreren Seiten her nähern. Bei der späteren Auswertung werden die Antworten auf die Sequenzfragen dann zu einer einzigen Gruppe zusammengeführt, die dann in sich inhaltlich geclustert wird. 

Das Einsammeln der Freitext-Antworten kann sowohl schriftlich erfolgen, über ein digitales Interface als auch mündlich. In letzterem Fall müssen die Antworten durch die Moderator:innen des Prozesses für die weiteren Schritte verschriftlich werden.  


4. Codierung

Die Kernaussagen werden nun Kategorien (Codes) zugeordnet. Zwei Schritte sind hier zu leisten: Zum einen die Entwicklung einer Liste von geeigneter Codes; dann die Zuordnung der Kernaussagen zu den entsprechenden Codes.

Das Insights-Verfahren folgt damit der Methode der so genannten qualitativen Inhaltsanalyse. Hier wird unterschieden zwischen „deduktiver“ und „induktiver“ Analyse. „Deduktiv“ heißt: man arbeitet mit bereits vorgegebenen Kategorien. „Induktiv“ heißt: die Kategorien werden aus dem Material heraus entwickelt. In der Praxis ist das Vorgehen meist ein Hybrid. 


5. Analyse

Die Codierung ist die Basis für die abschließende Analyse, aus der die Erkenntnisse hervorgehen. Eine Erkenntnis ist im einfachsten Fall eine inhaltliche Zusammenfassung der unter einem Code subsummierten Kernaussagen und Unterthemen. Redaktionell sollte der Fokus darauf liegen, bei der Analyse nicht einfach Meinungen von Teilnehmenden als Fakten widerzugeben. 

Dies sind einige Arten von Erkenntnissen, die ein Insights-Prozess liefern kann:

• Komplettansicht auf eine Situation (Haben wir alle Aspekte berücksichtigt? Schauen wir weit genug?)

• Bewertung (Welche Bewertungskriterien werden von Teilnehmenden angelegt? Wie werden Dinge anhand dieser Kriterien durch die Teilnehmenden bewertet? Wo herrscht Konsens, wo Dissens? Welche Stories und Beispiele stehen im Vordergrund?

• Details (An definierten Punkten fehlen Informationen… wer aus dem Kreis der Beteiligten kann hier mit seinem oder ihrem lokalen Wissen helfen? Für welche Ideen oder Vorhaben gibt es aktive Unterstützung?)

• Unbekannte Unbekannte (Gibt es Dinge, die gänzlich aus dem Rahmen dessen fallen, über das bisher nachgedacht haben?)

Im Ergebnisbericht werden die einzelnen Erkenntnisse jeweils zusammen mit den zugehörigen Kernaussagen (oder einer Auswahl von Kernaussagen) veröffentlicht.


6. Stellungnahme und Feedback

Im Idealfall endet ein Insights-Prozess mit einer Stellungnahme (oder einer Entscheidung) des Auftraggebers oder der beteiligenden Instanz. Für die Teilnehmenden bedeutet dies, dass sie von Anfang an eine klare Vorstellung haben, wie die Resultate des Insights-Prozesses sich in praktische Konsequenzen übersetzen. Bereits für die Formulierung von Erkenntnissen ist es hilfreich, wenn diese von vornherein auf mögliche Stellungnahmen hin konzipiert werden. Eine Stellungnahme kann auch darin bestehen, dass Erkenntnisse redaktionell in konkrete Maßnahmen übersetzt werden. 

Idealerweise werden Erkenntnisse und Stellungnahme so aufbereitet, dass Teilnehmende individuell rückverfolgen können, in welchen Erkenntnissen ihre Beiträge beziehungsweise die aus ihren Beiträgen gewonnenen Kernaussagen Berücksichtigung gefunden haben. 


Tipps und Stolperfallen

• Die Beteiligungsfrage sollte nicht zu offen oder zu groß formuliert werden, weil sonst die Hürde, eine Antwort beizusteuern, leicht zu hoch ist 

• Fragen sollten so formuliert sein, dass erwartbare Antworten Inhalte beisteuern, die nicht von vornherein bekannt sind 

• Fragen sollten so formuliert sein, dass erwartbare Antworten so konkret sind, dass es im praktischen Handeln einen erkennbaren Unterschied macht, ob diese Antworten berücksichtigt werden oder nicht 

• Zur Erarbeitung einer Fragestellung ist es oft hilfreich, einen kleinen Workshop mit vier bis sechs Personen aus dem Organisationsteam zu veranstalten 

• Um zu einer guten Fragestellung zu finden als auch, um Erkenntnisse zu strukturieren, sind Problemstrukturierungs-Methoden hilfreich.  

o Eine besonders gelungene Zusammenstellung von Verfahren der visualisierten Problemstrukturierung in Form von Diagrammen bietet das Büchlein: Eppler, M. J., Kernbach, S., & Pfister, R. A. (2016). Dynagrams- Denken in Stereo: Mit dynamischen Diagrammen schärfer denken, effizienter zusammenarbeiten und klarer kommunizieren. Schäffer Poeschel. 

o Eine Anleitung für Problemstrukturierung mit Diagrammen, die besonders geeignet sind für die Rekonstruktion von Meinungsverschiedenheiten findet sich in dem Zeitschriftenartikel: Grötker, R. (2021). „Argument Mapping & Co. - Visualisierte Problemstrukturierung zum Umgang mit Dissens und Ungewissheit“. OrganisationsEntwicklung, 40(2), 46–54.  

o Ein Beispiel dafür, wie Problemstrukturierungsverfahren in einem Insights-Prozess zum Einsatz kamen, findet sich in: Grötker, R., "Making-of des Swissaid-Reports 'What women farmers expect from sustainable food systems', https://www.explorat.de/swissaid/


Beispiele für Insights-Prozesse

• Die Stiftung Berliner Mauer hat für die Beteiligung zur Neugestaltung des Checkpoint Charlie einen Insights-Prozess eingesetzt: https://checkpointcharlie.mitdenken.online/projects/ea2733db-19e9-4df8-a831-41790232c0cf/view/answers [„Analysieren“]

• Die Stadt Monheim am Rhein hat einen Insights-Prozess zu einer kommunalen Radverkehrs-Strategie durchgeführt: https://mitdenken.monheim.de/projects/a464e93c-3bc0-4221-adb8-cdf999dc7f73/view/answersr [„Analysieren“]

• Im Beteiligungsprozess “Wie gehen wir mit elektronischer Patientenakte, Gesundheits-Apps und Datenspenden für die Forschung um?“ wurde der Insights-Prozess im Rahmen einer gesellschaftlichen Politikberatung verwendet: https://koerber-stiftung.de/site/assets/files/18018/koerber-buergerdelphi_gesundheitsdaten-1.pdf

• Beim „Bürgerdelphi Künstliche Intelligenz in der radiologischen Bildgebung“, durchgeführt im Auftrag der Berlin University Alliance, wurde der Insights-Prozess zur Unterstützung von F&E verwendet: https://www.berlin-university-alliance.de/commitments/knowledge-exchange/kira-bericht.pdf


Zuschreibung: Die Idee, das Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse für Bürgerbeteiligung und Stakeholderkonsultationen zu verwenden, inklusive die Einführung von Kernaussagen als Zwischenschritt, wurde von Gal Alon erfunden. Gal hat mit der der Online-Plattform „Insights“ (in Deutschland: CrowdInsights) eine Möglichkeit geschaffen, den Insights-Prozess auch als reinen Online-Prozess durchzuführen. Der Prozess lässt sich mittlerweile aber auch mit anderen Online-Plattform realisieren.